Kunst und
Relationale Psychotherapie
Psychotherapie,
insbesondere eine interaktionelle - relationale, ist
als wissenschaftliches Verfahren und Methode in dieser Betrachtungsweise
neu. Der besondere Verarbeitungs-prozess zwischen unbewusster Tätigkeit des
Menschen und seiner bewusstseinsfähigen Verarbeitung basiert auf vielfältigen
interaktionellen und relationalen Erfahrungen. Der Subjektivität des Menschen
geht stets eine Intersubjektivität voraus. Dieser grundlegende Wandel in der
Betrachtung der Entwicklung der Persönlichkeit geht eben davon aus, dass
zwischen Mutter und Kind und sonstigen Bezugspersonen in einer relationalen
Verbindung interaktionell die
wesentlichen Funktionen psychischen Geschehens gebildet werden. Viele neuere
Betrachtungsweisen stützen diese Annahme, Relationale Psychoanalyse (Altmeyer,Thomä,2010 ), Interaktionistische Psychoanalyse (Mitchel, 2003 ),
Interpersonelles Unbewusstes (D.Scharff, J. Scharff, 2014), die Link-Theorie
nach Pichon-Rivère sowie das Intersubjektives
Feld als intergenerationelle Transmissionen von Beziehungserfahrungen (Kac"s, 2005)
, die verhaltensorientierte
Schematherapie (Jeffrey E. Young, 2008 ), die Relationale Transaktionsanalyse
(Sell, 2010) sowie die Bindungstheorien von
Bowlby (2010). Darüber hinaus wurden neuere philosophische Begründungen für
eine relationale Betrachtungsweise im Sinn der letzten Reduktion menschlichen
Geschehens auf den Begriff der Beziehung (Worms, 2013 ) entwickelt. Diese primäre Erfahrung der Beziehung, der
Relationalität in der Menschwerdung in den ersten Jahren der Entwicklung führt
dann interaktionistisch zu einer individuellen Persönlichkeit, die in der Befähigung
mündet, sich stets in Beziehungen bewusst zu steuern und zu gestalten. Wir
verstehen darunter auch eine Erweiterung des intermediären Raumes in
der Psychotherapie zur Kunst. In
Anlehnung an Winnicott (1985) beziehen wir uns auf „den Raum der dazwischen
liegt“, und heben darüber hinaus die
Notwendigkeit des Erlebens eines ästhetischen
Raumes in der Psychotherapie hervor. Bei der ästhetischen Wahrnehmung sind die Sinne
gefragt. Diese Begegnung ist energetisch, „aus der Begegnung wird das Kunstwerk
geboren (May, 1997, 80).“ So sieht Wilhelm
Salber (1999, S. 125) in der Kunst auch ein
Instrument, mit dem wir behandelt werden und auch behandeln können. Den anderen
in seiner Gestaltung zu verstehen, den Sinn von Kreativität wirklich zu
verstehen, setzt einen Prozess der künstlerischen und therapeutischen
Reflektion voraus, die Kunst auch in einer ästhetischen Dimension und
psychischen Wirksamkeit begreift und sich symbolisch (vgl. Franzen 2009,S. 7) vermittelt und ästhetisch
erfahren werden kann. Im psychotherapeutischen
Prozess ermöglicht die subjektive
Selbstfindung eine Beziehungserfahrung, die der ästhethischen Erfahrung ähnlich
ist , da diese ebenfalls zwei Beteiligte aufweist, den Künstler und den
Zuschauer oder Rezipienten.
Es geht in
diesem Sinne um Beziehungsaufbau und Beziehungserfahrung mit den Methoden der Künstlerischen Therapien unter der Berücksichtigung
wahrnehmungs-psychologischer und ästhetischer Theorien. Denn die ästhetische Erfahrung ist eine gemeinsam ko-kreativ hergestellte, ko-präsente Erfahrung von Künstler, Kunstwerk und
Betrachter oder Rezipient. Kunst als ästhetische Erfahrung wird als eine
Schwellenerfahrung dargestellt. Anhand von verschiedenen Kunstwerken wird die
Schwellensituation der ästhetischen Erfahrung erfasst und historischen Werken ebenso wie postmodernen
zugeordnet. Auch die Musik wird als ästhetische Erfahrung speziell in der
Improvisation vorgestellt. Ebenso wird gezeigt, dass im psychotherapeutischen
Prozess stets eine Improvisation auch als Brückenerfahrung vorhanden ist, in der sich ebenfalls eine wechselseitige
Improvisation eröffnet, wobei dies unterschiedliche Standpunkte und Blickweisen
auf Gleichheiten oder Unterschiede der Erfahrung von Kunst eröffnet .
Alle Beiträge begründen ein gemeinsam gestaltetes Geschehen. Im psychotherapeutischen
Prozess wird durch die kommunikative Performanz von Therapeut und Klient ein psychisches
Geschehen etabliert, das durch verschiedene Konzepte erarbeitet und bearbeitet
werden kann. Die Einbindung ästhetischer Erfahrungsmöglichkeiten in den
therapeutischen Prozess ermöglicht zugleich eine erweiterte Spiegelfunktion. Künstlerische Therapien bieten einen Zugangsweg zu verschütteten
Ressourcen und kreative Potentiale und Fähigkeiten können neu erfahren werden. Bei Einschränkungen der
verbalen Kommunikation sind die künstlerischen Therapien ein wertvolles Mittel,
um Kommunikationsprozesse und damit
verbundenen Beziehungserfahrungen wieder zu ermöglichen.
ABLAUF
Freitag, 25. November
16:00 Eröffnung
Schauspiel, Prof. Nora Somaini mit einer Gruppe von Flüchtlingen
17:00 Keynote I
Das Kunstwerk als Möglichkeitsraum, Dr. Georg Franzen
17.40 Keynote II
Interaktionelle Relationalität - eine neue Herausforderung, Matthias Sell
18.20 Pause mit Fingerfood
19.00 Liederabend und Vortrag, Prof. Christiane Iven, Sopran, Klavierbegleitung
20.00 Gemeinsames Essen
Samstag, 26. November
9.00 Eröffnung
Keynote III
Interaktions- und Resonanzphänomene in der Kunsttherapie im Gruppensetting, Prof. Dr. Constanze Schulze
9.40 Keynote IV
Wenn Bilder sich in Szene setzen – Zur synthetischen Kraft des Symbols, Prof. Dr. Karl-Heinz Menzen
10.20 Pause
10.40 Workshops
WS 1
Interaktionelle Relationalität in Anwendung im sozialen Raum, im ästhetischen Raum, im Entwicklungsraum und im historischen Raum
Dr. Wilhelm Cohrs, Rita Eggers, Matthias Sell, Barbara Oehmigen, Christina Wendorff
WS 2
Resonanz
Prof. Christiane Iven
WS 3
The art of poetry in relationship—To live at all is miracle
Julie Hewson
WS 4
COACHING kreativ
Brigitte Michels
WS 5
Die frühkindliche vorsprachliche Entwicklung und ihre Bedeutung für Therapieangebote
Prof Dr. Heinfried Dunker
WS 6
Kunsttherapie in der Borderline-Behandlung
Dr. Alexandra Daszkowski
WS 7
Die Bedeutung von Kreativität in der Gestaltung einer Beratungsbeziehung.
Barbara Deymann
13.00 Mittagspause mit Imbiss
14.00 Podiumsdiskussion
Prof. Dr. Heinfried Duncker, Julie Hewson, Prof. Dr. Constanze Schulze
16.00 Abschluss